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Lyrik

Sonett Nr.6

Wir sollten einfach vögeln dieses Jahr
Und auf die ganze Zukunft scheißen.
Was nützt es, dass wir uns den Kopf zerreißen,
Was werden könnte und dann doch nicht war.

Sieh, wies die Katzen treiben und die Hunde,
Die lassen ihre Wollust einfach schießen
Und können noch den Augenblick genießen,
Den unser Denken richtet uns zugrunde.

Das ist es, warum ich viel Whisky trinke,
Und dich auch stets mit sehr viel Wein verführ,
Damit kein Grübeln sich kann in uns graben
Und wir die Zweifel drängen aus der Tür.
Dass jegliches in diesem Tag versinke.
Denn das ist alles, was wir letztlich haben.

(1995)

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Sonett Nr.18

Wenn manche Tage überm Palmenwind
Das Blau sehr tief ist und die Wolkenwände
Noch weißer sind als die Korallenstrände
Dann fürcht ich, dass ich angekommen bin

Das ist der Süden, wohin alle streben
Voll Überfluss und Licht und Heiterkeit
Es blüht und fruchtet hier so ohne Zeit
Als wär der Tod längst überholt vom Leben

Doch weiß ich: Morgen pack ich wieder ein
Denn nichts ist schlimmer, als am Ziel zu stehen
Und eingehüllt von allen warmen Himmeln
Von Gott vergessen langsam zu verschimmeln

Viel besser ist es, unterwegs zu sein
Und so ein Ziel von Ferne nur zu sehen

(1996)

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Sonett Nr.26

Ich kann die Jugend keineswegs beneiden
Um ihre Jahre und die lange Zeit.
Ich fühl im Alter nicht den kleinsten Neid
Um all das, was die Jungen noch erleiden.

Die Hoffnungen. Bewusst zertretne Saat.
Naiver Glauben an Erfolg und Ehre.
Das Dienern vor den Chefs für die Karriere.
Und endlich sehn, du läufst im Hamsterrad.

Im Alter bin ich nicht mehr zu erpressen.
Im Alter darf ich bleiben wie ich bin.
Ich muss mich nicht mit irgend jemand messen.
Und jeder Tag ist einfach ein Gewinn.

Ich kann jetzt endlich meine Zeit genießen.
Und wenn’s mir reicht, so werd ich mich erschießen.

(2016)

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